Robert Halver Börse und Aktien Profi

News zur Börse und was die Finanzwelt aktuell bietet analysiert der Kapitalmarktexperte Robert Halver. Grundsätzlich leidet die Wirtschaft in der Eurozone unter Reformmüdigkeit mit der Folge begrenzter Renditeaussichten für Unternehmensinvestitionen.

Die Griechenland-Frage hat keine Bedeutung mehr für die Finanzmärkte. Auf das Alibi neuer Reformzusagen – Renten, Arbeitsmarkt, Einkommensteuer – werden weitere Finanzhilfen der Gläubiger folgen. Über die auch zukünftig ausbleibenden Fortschritte der Reformen schaut man großzügig hinweg und wird ab 2018 sogar über Schuldenerleichterungen sprechen. Damit bleibt bei der Griechenland-Rettung auch der IWF an Bord, auch wenn dessen Beteiligung mit mutmaßlich fünf statt der zunächst geplanten 16 Mrd. Euro – es ist eine Verlustvermeidungsstrategie – gering ausfallen wird. Grundsätzlich genießt die politische Griechenland-Lösung, die die Wiederholung einer Euro-zerfressenden Schuldendebatte wie 2015 verhindert soll, Priorität vor einer finanzpolitisch sauberen Krisenbewältigung, d.h. dem Austritt aus der Eurozone und einem umfangreichen Schuldenschnitt. Euro-Politiker wissen, dass ein heutiger Grexit das Signal für weitere Euro-Austritte morgen sein würde. Er wäre Euro-systemgefährdend. In diesem Zusammenhang ist ebenso ein beherztes Eingreifen der EZB in den griechischen Anleihemarkt ab 2018 zu erwarten.

Auch die US-Geldpolitik hat nicht das Zeug für deutliche Finanzmarkt-Irritationen. Laut Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung befindet sich die US-Wirtschaft zwar auf einem guten Weg, so dass bei anhaltendem Erholungstrend eine nächste Zinserhöhung „ziemlich bald“ angebracht sei. Diese offensive Zinsrhetorik der Fed darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie – ähnlich wie im vergangen Jahr – auch 2017 immer wieder Gründe für eine Hinauszögerung von Zinserhöhungen finden wird, wenn sie dies für nötig hält. Heutzutage besteht Zinspolitik auch im Spiel ohne Ball.

 

Zinsspiel der Fed – Welche Konjunkturmaßnahmen plant Donald Trump?

 

Denn Unsicherheitsfaktoren gibt es für die Fed genug: Im Vordergrund steht die Ungewissheit über Größe, Zeitpunkt und Zusammensetzung der von US-Präsident Trump geplanten Konjunkturmaßnahen und deren Effekt auf den ohnehin bereits starken US-Dollar als einer Schlüsselgröße der Fed-Zinspolitik. Die Fed wird bei verbesserten US-Investitionsperspektiven eine Kapitalrückführung aus den Schwellenländern sowie steuersenkungsbedingt von US-Unternehmen vor allem aus Europa und eine sich noch verstärkende Dollar-Aufwertung nicht unkontrolliert befeuern wollen. Eine sich im Grundsatz stärker an Konjunkturfragen orientierende Fed will die US-Exportindustrie nicht unnötig belasten. Bei der aktuellen Inflationsbeschleunigung kann die Fed zudem auf nachlassende Preiseffekte aufgrund auslaufender Rohstoffpreisverteuerungen verweisen. Insofern wird die Fed ihre Zinswende erst ab Juni fortsetzen. Eingepreist ist die zahme Zinserhöhungspolitik von Frau Yellen ohnehin. Auch am Devisenmarkt scheint sich diese Einschätzung widerzuspiegeln. So zeigt der US-Dollar seit Jahresbeginn gegenüber den meisten Währungen eine Abschwächung.

 

Robert Halver sieht keine Panik an den Börsen

 

Aktientechnisch kommt die Entspannung in der US-Leitzinsdebatte in einer abnehmenden Anzahl leerverkaufter Aktien (sog. Short Interest) an der New York Stock Exchange zum Ausdruck. Diese hat sich auf den niedrigsten Stand seit gut einem Jahr zurückgebildet.

 

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In Frankreich verlieren die politischen Risiken zwischenzeitlich an Drohpotenzial, nachdem der Zentrumspolitiker Francois Bayrou und der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron sich auf eine Allianz geeinigt haben, um einen Wahlsieg des Front National zu verhindern.

Zunächst bleiben die Unsicherheitsfaktoren zwar Handicaps, die zu volatileren Aktienmärkten führen können. Hohen Kursschwankungen angesichts der im historischen Vergleich vielfältigen Krisenfaktoren wirkt die üppige internationale Geldpolitik als Beruhigungsmittel jedoch kräftig entgegen. Gemessen am aktuellen Volatilitätsniveau wäre gemäß VDAX-Volatilitätsindex für die nächsten 30 Handelstage mit einer Schwankungsbreite im DAX zwischen etwa 11.401 und 12.451 Punkten zu rechnen. Das klingt nicht nach Panik oder Crash.

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