Die Handicaps an der Börse und an den Aktienmärkten lichten sich. Davon zeugen auch die Aufhellungen der konjunkturellen Frühindikatoren, selbst in der Eurozone. Tatsächlich ist das US-chinesische Teilabkommen zum transpazifischen Handelsstreit aus psychologischer Sicht sicher bedeutend.
Das nun unterzeichnete erste Teil-Handelsabkommen zwischen den USA und China sorgt vor allem psychologisch für Anlegerentspannung. Endlich gibt es Bewegung. Trump hat gemerkt, dass ein eskalierender Handelskrieg auch dem US-Aktienmarkt und seiner Wiederwahl schadet. Und China kann die Kraft des Faktischen eines enttäuschenden Exportwachstums im letzten Jahr auch nicht ignorieren.
Nüchtern abgeklopft ist es aber nur eine bessere Waffenruhe. Man hat sich auf den geringsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Der Abschluss eines „Phase Zwei“-Abkommens wird zäh, langwierig und in diesem Jahr ohnehin nicht mehr erfolgen. Zwar hat China angesichts seiner Export-Malaise ein vitales Interesse daran, die weiteren Verhandlungen zu beschleunigen, an deren positivem Ende auch die US-Zölle gestrichen würden. Doch will China seinen Staatskapitalismus u. a. mit gewaltigen Industriesubventionen nicht aufgeben. Und beim Schutz geistigen Eigentums genießt die Transformation vom Saulus zum Paulus sicherlich keine Priorität. Trump wiederum will im republikanischen Wahlkampf weiter populistisch auf das Handelsthema setzen, das ja auch von demokratischer Seite besetzt wird. Überhaupt sollte nicht unterschätzt werden, dass beide Länder um die wirtschafts-technologische Weltherrschaft kämpfen. Daher ist Goodwill naturgemäß wenig vorhanden.
Immerhin, mit ein bisschen Handelsfrieden und indem China von Trump nicht mehr als Währungsmanipulator gebrandmarkt wird, hat dieser Konflikt aus dem Blickwinkel der Aktienmärkte an Brisanz verloren.
Börse – Lichtblicke für den Aktienmarkt
Der Anlegerfokus richtet sich von nun an auf den transatlantischen Handelskonflikt. Nach dem Treffen von EU-Handelskommissar Phil Hogan und seinem US-Kollegen Robert Lighthizer bleiben die Fronten offiziell und wenig überraschend verhärtet, da die EU den US-Forderungen nach einer Aufgabe des Ostsee-Pipeline-Projekts und der Öffnung des europäischen Agrarmarktes widerspricht. Hier mauert vor allem Frankreich aufgrund des Status eines immer noch großen Agrarstaats.
Lichtblicke für den Aktienmarkt, dass der transatlantisch kalte Handelskrieg nicht heiß werden muss, zeigen sich dennoch. So spricht EU-Handelskommissar Phil Hogan davon, dass US-Importzölle auf europäische Autos inzwischen „kaum mehr“ ein Thema seien. Das lässt auf durchaus vorhandenen Gestaltungsspielraum bei den bevorstehenden Verhandlungen schließen. In puncto Senkung von Industriezöllen zeigt sich die EU ohnehin verhandlungsbereit. Zur Konfliktentschärfung bietet sich auch der verstärkte Import von US-Fracking Gas an, was ebenso dem Abbau des amerikanischen Handelsdefizits gegenüber der EU zugutekäme. Und selbst in geopolitischen Fragen wie der Iran-Krise dürfte sich die EU Amerika annähern.
Und trotzdem ist jederzeit mit wählerwirksam inszenierten Twitter-Tiraden gegen die EU zu rechnen. Die aktuell sehr niedrigen Volatilitäten an den Aktienmärkten dürften nicht zu halten sein. Kursschwankungen, die zu Konsolidierungen bis zu 10 Prozent führen, sind durchaus einzukalkulieren. Diesem Umstand kann man mit regelmäßigem Aktiensparen aber gut begegnen.
Da insgesamt lediglich mit einer weltwirtschaftlichen Stabilisierung zu rechnen ist, hat die großzügige internationale Geldpolitik Bestand. Insofern ist weiterhin für das Brot und Butter-Geschäft am Aktienmarkt gesorgt. Denn die Alternative Zinsvermögen bleibt unappetitlich.
Positive Impulse sind ebenso von der US-Berichtsaison für das Schlussquartal 2019 zu erwarten. Zwar wird insbesondere der Automobil- und Energiesektor sowie Grundstoffe laut Zacks Investment Research weiter negativ betroffen sein. Im Fokus stehen allerdings die Ausblicke für 2020, die den Teilfrieden im Handelsdisput berücksichtigen. Tatsächlich dürfte mit ihnen das Ende der Ertragsrezession eingeläutet werden. Die Gewinnrevisionen der Analysten gehen bereits nach oben, auch in Deutschland.