In einer scharfen und dennoch mit heiteren Akzenten verse­henen Analyse, geht der Experte für Kapi­tal­markt­ana­lysen Robert Halver auf den Berlus­coni-Effekt ein und beschreibt, was dann in Europa passiert.

Für Italien hegt Robert Halver große Sympathien. Die italienische Lebensart, Dolce Vita, die Musik, Urlaub z.B. in der Toskana und natürlich die Küche sind ganz was Feines. Selbst dem italienischen Schwalben-Fußball kann ich eine gewisse smarte Lässigkeit nicht absprechen, solange er nicht gegen Deutschland eingesetzt wird.

Und weil ich eben Italien mag, wünsche ich mir für die anstehende italienische Parlamentswahl kein politisches Comeback Silvio Berlusconis, in keiner Form, schon gar nicht als Ministerpräsident. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist“ kann in Italien sicherlich nicht über Berlusconi gesungen werden. Mit ihm verbindet man nur politische Alpträume, Krisen für die Eurozone und vielfältige und bizarre Skandale.

Robert Halver an seinem ArbeitsplatzVerheerend für mich als Kapitalmarktanalyst war aber vor allem seine Egal-Haltung, was die italienische Wirtschaft angeht. In punkto Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum, Stabilität oder gar Glaubwürdigkeit und Vertrauen kann man ihm noch nicht einmal attestieren, dass er stets bemüht war. Erfolgreich gekümmert hat er sich dagegen um seine Haarverpflanzung. Nach dem Motto „Jeder ist sich selbst der Nächste“ geht es ihm immer nur um Bello Silvio, nicht aber um Bella Italia. Italien, das ist nur eine große Bühne für sein grenzenloses Sendungsbewusstsein und ein politisches Spitzenamt nur das Instrument, um politische Immunität zu genießen.

 

Wenn Berlusconi kommt …

Was wäre also, wenn Berlusconi zum fünften Mal zurück käme  im Übrigen in einer Koalition mit einer Partei, die von einem Komiker angeführt wird? Ich behaupte, dass dann die Unternehmen den italienischen Standort wie der Teufel das Weihwasser meiden werden. Wer will schon abhängig von der schwankenden Partylaune des Chef-Paten des alten Italiens sein? Und bei der Rückabwicklung von Strukturreformen wird er vermutlich auch die französische Standortverteuerungspolitik locker in den Sack stecken. Berlusconi hätte für die italienische Wirtschaft, die im Norden noch stark ist, eine ähnliche Bedeutung wie der unangekündigte Wochenendbesuch der Schwiegermutter für die traute Zweisamkeit.

Auch an den Finanzmärkten würde die Wiederwahl des Cavalliere keine Entzückungen hervorrufen. Italienische Aktien und natürlich auch Renten werden das tun, was der schiefe Turm von Pisa bislang noch nicht getan hat: Fallen. Ein Comeback Berlusconis wird die Finanzinvestoren mit dem Wink eines Zaunpfahls daran erinnern, dass die realwirtschaftlichen Probleme Italiens und Eurolands ungelöst sind, obwohl sie mit viel bunter euro-politischer Harmonie und noch bunteren Farben der EZB aufgehübscht wurden. Schließlich geriete Italien mit steigenden Staatsanleihen und Risikoaufschlägen zu deutschen Staatspapieren „andiamo“ wieder in die Krisenschusslinie und die Euro-Krise würde fröhliche Urstände feiern.

 

Berlusconi will aus der italienischen Schwäche eine Stärke machen

Der Berlusconi-Effekt könnte sogar den Draghi-Effekt überkompensieren. Draghis bisher rein verbale Ankündigung, im Falle eines Falles unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen, könnte sich als zu schwache Beruhigungspille erweisen. Bricht die Krise wieder durch, könnte sich die EZB trotz ihrer Unabhängigkeit gezwungen sehen, ernst zu machen und tatsächlich italienische und im Schlepptau womöglich auch spanische Staatspapiere aufkaufen.

Jetzt könnte man einwenden, dass Notfallmaßnahmen nur als Gegenleistung für Reform- und Sparmaßnahmen gewährt werden. Glauben Sie, dass Berlusconi sich diesem – wie er es nennt – „Austerità Tedesca“ (deutsches Spardiktat) beugen würde? Erstens hat er mit Frau Merkel noch ein Hühnchen zu rupfen, hat diese doch im Hintergrund politisch kräftig mitgeholfen, dass er im letzten Jahr seinen Hut als Ministerpräsident nehmen musste.

Und zweitens ist ihm das hohe italienische Krisenpotenzial bewusst, mit dem er wie mit einem Pfund wuchern kann. Italien ist der fünftgrößte Staatsanleihemarkt der Welt. Wenn schon das vergleichsweise kleine Griechenland die Eurozone in sehr schweres Fahrwasser bringen konnte, wäre ein taumelndes Italien der Super-Gau für die Eurozone. Na, wenn sich daraus keine Erpressungen – Entschuldigung, sagen wir Entscheidungshilfen – für die EZB ergeben.

 

Im Zweifel muss die EZB die „Romanische Schuldenunion“ bezahlenRobert Halver

In letzter Konsequenz wäre die EZB gezwungen, den Deckel bei italienischen Schuldengelagen ohne jede Gegenleistung, nein, sogar mit Reformrückabwicklung, zu bezahlen. Die EZB wäre endgültig in die Fußstapfen der anderen, zur Konjunkturstützung verdonnerten Notenbanken getreten. Und spätestens dann gibt es ein Killerargument gegen weitere Reformbemühungen auch in anderen prekären Euro-Ländern.

Am Ende dieser italienisch beginnenden Nahrungskette wäre aus der ehemals markt- und stabilitätsorientierten Eurozone ein instabiler Nachtwächterstaat von Leuten wie Berlusconis Gnaden geworden. Und damit sollen wir gegenüber den Schwellenländern bestehen können?

„Unser täglich Berlusconi gib uns heute“ brauchen weder Italien noch Euroland. Hoffen wir, dass dieser Kelch an uns vorüber geht. Niemand kann jemals so gesündigt haben, dass man zum fünften Mal mit der Höchststrafe Berlusconi bestraft wird, so Robert Halver.

Ansonsten singt ganz Euroland demnächst ein neues Klagelied:

[gn_quote style=“1″]Wärst Du doch im Ruhestand geblieben, Schöner Playboy, Du wirst nie ein Europäer sein, Wärst Du doch im Ruhestand geblieben, Das wär besser für Italien und den Euro obendrein.[/gn_quote]

 

(Quelle: Baader Bank / Robert Halver )

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare