robert halver finanzmarkt dax kursentwicklung seit 2016

Robert Halver ist Kapitalmarktexperte der Baader Bank und das Mediengesicht an der Börse. Er analysiert aktuelle News an den Finanzmärkten zu den Themen Geldmarktpolitik der Notenbanken und die Entwicklung der Börsenwerte im DAX sowie das Thema Währungen.

Thema Inflation:

Die US-Notenbank erwartet einen weiteren Inflationsanstieg in den kommenden 12 Monaten. Doch gleichzeitig relativiert sie diesen Preisdruck mit der Einschätzung, dass sich die Inflation mittelfristig um ihren bislang gültigen Zielwert von zwei Prozent – aktuell liegt sie bei 2,1 Prozent – stabilisiert. Mit dieser tendenziös entspannten Inflationsprognose will die Fed dem deutlichen Renditesteigerungstrend am US-Anleihemarkt das fundamentale Wasser abgraben.

In der Tat hilft der Fed dabei die Annahme zukünftig wieder fallender Ölpreise, die sich mildernd auf die Inflationserwartungen auswirken. Ein Preisdruck wie nach den zwei Ölpreisschocks von 1973 und 1979 ist auch angesichts einer US-Ölproduktion auf nahezu Rekordniveau nicht zu befürchten, die einen immer stärkeren Fracking-Anteil aufweist.

Natürlich hat eine grundsätzlich konjunkturfreundliche US-Notenbank kein Interesse an erschwerten Finanzierungsbedingungen. Denn die Bruttoanlageinvestitionen von US-Unternehmen haben nach der Erholung von ihrer Schwächephase 2016 zuletzt wieder an Schwung verloren.

Blasenbildung am Anleihenmarkt

Auch ist sich die US-Notenbank bewusst, dass am Rentenmarkt die größte Anlageblase der Welt besteht. Eine unbedacht restriktive Geldpolitik hat das Potenzial, nicht nur in den USA, sondern weltweit Kurseinbrüche bei Zinspapieren auszulösen. Denn kein Investor schaut zu, wenn aus Buchgewinnen zügig -verluste werden. Dabei würden die Derivatemärkte, die auch schon dem Neuen Markt, der Immobilienblase und zuletzt den Kryptowährungen zusetzten, wie Brandbeschleuniger wirken. Angesichts einer Gesamtweltverschuldung von etwa 250 Billionen US-Dollar fände eine neue Schuldenkrise den idealen Nährboden.

Angesichts der finanzwirtschaftlichen Sachzwänge wird der neue Fed-Chef Powell auf geldpolitische Kontinuität setzen (müssen). Sein Wechsel an die Spitze der Fed bietet sogar eine Gelegenheit, sich zugunsten von nachhaltigem Wachstumserhalt von bisherigen Paradigmen zu lösen. Für die Fed ist es beunruhigend, dass trotz üppiger Geldpolitik und weltkonjunktureller Beschleunigung die Inflation unterdrückt bleibt. Bei Auftreten eines „Schwarzen Schwans“ ist eine Re-Deflationierung nicht ausgeschlossen.

Überbewertung von US-Aktien

Unter der Ägide Powells könnte die US-Notenbank daher für einen längeren Zeitraum ein Überschießen der Inflation über zwei Prozent ohne adäquate geldpolitische Restriktion zulassen. Neben der Leitzinspolitik könnte die Fed ebenso ihr Tapering – also die Rückführung der Liquiditätsausstattung – an einer höheren Inflationstoleranz ausrichten. Damit schlüge die Fed zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits kann sie mit ihrem bisherigen Zinserhöhungstrend zeigen, dass sie grundsätzlich handlungsfähig ist. Andererseits sorgt sie aber dafür, dass die realen Leitzinsen und Anleiherenditen insgesamt schwach bleiben und damit begrenzte Gefahren für das Finanzsystem und Aktien drohen.

 

robert halver us aktien chart

Die Sache hat allerdings einen Haken. Eine immer noch zinsgünstige Refinanzierung lädt weiter zur munteren Aktienspekulation ein. Die Hausse bei den Wertpapierkrediten an der New York Stock Exchange – mit ca. 580 Mrd. US-Dollar liegen sie auf einem neuen Allzeithoch – nährt die Hausse am US-Aktienmarkt. Angesichts dieses Perpetuum Mobile hat der neue Fed-Chef ein Dilemma, er muss zwischen zwei unangenehmen Dingen wählen. Bei geldpolitischer Untätigkeit schürt er die weitere Überbewertung von US-Aktien. Wird er zu restriktiv, riskiert er nicht nur den Einbruch der Aktienmärkte, sondern auch die Stabilität von Weltkonjunktur und Finanzsystem. Im Zweifelsfall wird sich der ehemalige Investmentbanker Powell für das erste „Übel“ entscheiden.

Charttechnik DAX und Stimmung am Finanzmarkt

Nach dem fulminanten Jahresstart der Aktienmärkte mehren sich Ängste vor einer Aktienkorrektur. Tatsächlich fördern Spekulationen über die zukünftige Ausrichtung der Geldpolitik mit möglichen Eintrübungen am Anleihemarkt eine erhöhte Schwankungsbreite an den Aktienmärkten. Aus ihrem „Dornröschenschlaf“ sind sie aufgewacht. Konsolidierungen sind jedoch prinzipiell als gesund zu betrachten.

 

robert halver finanzmarkt dax kursentwicklung seit 2016

Charttechnisch stößt der DAX auf dem Weg nach oben auf erste Widerstände bei 13.063 und 13.152 Punkten. Weitere Hürden liegen schließlich bei 13.206 und 13.325. Darüber liegen die nächsten Barrieren bei 13.342, 13.431, 13.470, 13.518 und schließlich bei 13.526. Kommt es zu weiteren Gewinnmitnahmen, liegt eine erste Unterstützung an der psychologisch wichtigen Marke bei 13.000 Punkten. Wird diese unterschritten, ist mit Kursverlusten bis zur Unterstützung bei 12.951 rechnen.

In der Eurozone signalisiert das vom Finanzdatenanbieter Sentix ermittelte robuste Investorenvertrauen in Verbindung mit verbesserten Konjunkturprognosen der EU-Kommission die Fortsetzung der Wirtschaftserholung.

In Deutschland untermauert der Dreiklang aus Industrieaufträgen, -produktion und Exportzahlen die robuste realwirtschaftliche Lage.

In China liefern der vom Finanznachrichtendienst Caixin veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor sowie Zahlen zu Im- und Exporten ein stabiles Konjunkturbild.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG.

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