Euro-Krise – Ich glaub es geht schon wieder los

Grundsätzlich spiegelt die Wertentwicklung der Anlageklassen seit Jahresbeginn insgesamt – in Euro gerechnet – eine verringerte Risikowahrnehmung der Anleger wider. US-Aktien führen dabei die Performance-Hitliste an. Die erwartete weltweite Konjunkturerholung stützt dabei auch die Rohstoffe und Rohöl.

Der wahre Shooting Star unter den Anlageklassen sind jedoch japanische Aktien. Sie profitieren von der schuldengetriebenen Konjunkturpolitik Nippons, der geldpolitischen Offensive der Bank of Japan und der damit verbundenen Yen-Schwäche. Apropos Yen-Schwäche, auch diese schafft es nicht, den sehr positiven absoluten Wertverlauf japanischer Aktien zu kompensieren. Aufgrund des gewaltigen Nachholpotenzials des Nikkeis werden japanische Aktien selbst denen aus den Schwellenländern vorgezogen. Im Zuge der allgemein sinkenden Risikoaversion gehören die sicheren Häfen wie deutsche Staatsanleihen, aber vor allem Gold und Silber zu den großen Verlierern.

 

Robert Halver an seinem ArbeitsplatzWas ist los bei Gold und Silber?

Bei den Edelmetallen Gold und Silber darf durchaus vermutet werden, dass sie künstlich gedrückt werden. Betrachtet man den Handel in Gold an den Derivatebörsen, fällt auf, dass offensichtlich mächtige Investorenhände den Goldpreis mit hohem Handelsvolumen massiv und frühzeitig immer zu Beginn einer jeden neuen Handelswoche drückten, um ja jede Etablierung eines Aufwärtstrends zu verhindern.

Zu vermuten ist, dass Banken mit Blick auf ihre gewaltigen Short-Positionen über diesen Prozess umfängliche Gewinne erzielen können. Und sicherlich hat auch die US-Notenbank Fed kein Interesse, dass sich ihre Liquiditätszuführungen schwerpunktmäßig nur in Preissteigerungen bei Edelmetallen niederschlagen und damit den erwünschten konjunkturpolitischen Impuls vermissen lassen.

Damit stellt sich die Frage an die Anleger, ob es ratsam ist, in Edelmetalle zu investieren, wenn diese Anlageklasse manipuliert wird? Denn auch zukünftig sind Preisdrückungen am Edelmetallmarkt nicht auszuschließen.

Auf der Gegenseite festigen sich die fundamentalen Argumente für Gold und Silber aber weiter. Die Liquiditätsoffensive – die Fed kauft jeden Monat für 85 Mrd. US-Dollar Hypotheken- und Staatspapiere auf – ist inflationstreibend, drückt aber gleichzeitig auch die Renditen für Staatspapiere, die so keine inflations- bzw. bonitätsgerechten Zinsen mehr bieten können. Überhaupt findet dieser geldpolitische Lockerungsprozess mittlerweile bei allen bedeutenden Notenbanken statt. Außerdem werden Edelmetalle physisch weiter – auch von Notenbanken – gekauft.

In der Zwischenzeit sind aber Konsolidierungen immer wieder zu erwarten. Vor diesem Hintergrund sollten Edelmetalle weiterhin primär als Anlageklassen mit inflationsschützender Wertaufbewahrungsfunktion betrachtet werden. Und im Depot sollten sie kein Klumpenrisiko darstellen.

Grundsätzlich wird Stabilität auf absehbare Zeit nicht in die Finanzmärkte zurückkommen. Insofern bleibt die Perspektive für Edelmetalle günstig.

 

Fed vor dem Exit?

Unterdessen wurden gemäß des letzten Sitzungsprotokolls der US-Notenbank offenbar Stimmen laut, die auf die Risiken des üppigen Anleiheaufkaufprogramms der Fed eingehen. Zunächst wird die realwirtschaftliche Wirkung dieser Maßnahmen angezweifelt. Ein anderer Aspekt ist, dass die US-Notenbank, um die auf diese Weise bereitgestellte Liquidität von ca. 2.000 Milliarden auch nur annähernd wieder bei den Geschäftsbanken einzusammeln, Zinssätze für US-Staatspapiere bieten muss, die oberhalb der am Markt geltenden liegen. Im Extremfall könnte dies nicht nur ihre Gewinne, sondern auch ihr Eigenkapital aufzehren.

Allerdings ist eine frühzeitige Abschwächung oder gar ein Ende der üppigen Liquiditätsoffensive der US-Notenbank nicht zu erwarten. Denn aus dem Sitzungsprotokoll der US-Notenbank geht eben auch hervor, dass die mittelfristigen Inflationserwartungen der Fed weiterhin unter 2 Prozent liegen, die Erholung des US-Arbeitsmarktes noch lange nicht abgeschlossen ist und die mit dem Anleiheaufkauf verbundene Besserung der finanzwirtschaftlichen Bedingungen in den USA durchaus Wirkung zeigt. Der Blick auf den sich bessernden Immobilienmarkt zeigt dies deutlich. Nicht zuletzt ist ein günstiges Liquiditätsumfeld für den politisch angestrebten Umbau der US-Volkswirtschaft von Konsum auf Industrie und Export wichtig. Insgesamt käme ein baldiger Exit der Fed, der nachfolgend auch die Zinsen bei Staatsanleihen und Hypotheken steigen lassen würde, konjunkturell zu früh.

Auch der Blick auf die US-Frühindikatoren – im Vorjahresvergleich können sie nur noch um durchschnittlich knapp 2 Prozent zulegen – verdeutlicht, dass sich die US-Konjunkturerholung bisher nur allmählich zeigt.

Schließlich spielt die üppige und günstige Liquiditätsversorgung eine wichtige Rolle bei der von der Fed beabsichtigten Vermögenspreisinflation. Die historische Erfahrung in den USA ist es, das sich Private und Unternehmen, die sich vermögender fühlen, auch mehr investieren bzw. konsumieren. Dieser Prozess würde bei massiven Liquiditätsrückführungen Schaden nehmen.

 

Logo der ZEW - Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

(c) ZEW

Die Konjunkturstimmung bessert sich weiter. In Deutschland sind die vom ZEW ermittelten Konjunkturerwartungen zum zweiten Mal in Folge stärker als erwartet auf jetzt 48,2 – der höchste Stand seit Dezember 2009 – angestiegen. Insbesondere aber die klar aufwärtsgerichteten ifo Geschäftserwartungen der deutschen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes verdeutlichen mit einem aktuellen Wert von 104,6, dass die deutsche Wirtschaft die Wachstumsdelle aus dem IV. Quartal 2012 bereit im I. Quartal 2013 verlässt.

Setzt man die ifo Geschäftslage und ifo Geschäftserwartungen zu einander in Beziehung, befindet sich die deutsche Wirtschaft sogar wieder auf Boom-Kurs.

Selbst Euroland arbeitet sich weiter aus seinem Konjunkturtief heraus. Die (geld-) politische Harmonisierung sorgt dafür, dass die Konjunkturstimmung – der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stieg zuletzt auf 47,8 – auf das höchste Niveau seit einem Jahr geklettert ist, so dass nach dem Wachstumstief im vergangenen Quartal zukünftig mit einer Stabilisierung zu rechnen ist.

 

Frankreich auf dem Weg in die Peripherie

Zeitgleich verfestigt sich jedoch die konjunkturelle Zweiklassengesellschaft in Euroland. Frankreichs Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe liegt mit 43,6 weit entfernt vom euroländischen Durchschnitt und weist auf wirtschaftliche Kontraktion hin. Hintergrund ist die mangelnde französische Wettbewerbsfähigkeit, die durch die letzten reformrenitenten wirtschafts- und finanzpolitischen Beschlüsse der Regierung in Paris auch keine Trendwende erwarten lässt. De facto entfernt sich Frankreich vom Wirtschafts-Ankerstaat Deutschland und nähert sich der wirtschafsschwachen Euro-Peripherie an.

 

Neue Schulden braucht das Land

Infolge eines schwachen Konsums, ausbleibender Investitionen der Privatwirtschaft und eines sich zusätzlich erschwerenden Exports können nüchtern betrachtet nur staatliche – also schuldenfinanzierte – Konjunkturprogramme Abhilfe schaffen. Hierbei befände sich Italien – spätestens mit einer politischen Rückkehr Berlusconis – mit Frankreich in leidensgenössischem Verbund. Beide Länder können kein Interesse an Sparbemühungen der deutschen Machart haben.

Eine steigende französische Staatsverschuldung darf dabei nicht zu Kollateralschäden in Form deutlich ansteigender Zinszahlungen führen, die ansonsten zu Refinanzierungsproblemen führen könnten. Um eine so abnehmende Schuldentragfähigkeit und eine Gefährdung der Bonität zu vermeiden, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur noch weiter verschlechtern würden, wird die EZB auch zukünftig gezwungenermaßen Schützenhilfe leisten müssen, um Staatsanleiherenditen künstlich zu drücken.

 

Mitglieder des EZB im Konferenzraum

(c) EZB

Eine aktive Rolle der EZB beim Währungskrieg?

Denkt man jetzt noch einen staatsdirigistischen Schritt weiter, ist auch der Euro, konkret seine Wechselkurse zu anderen Währungen, nicht mehr tabu. Sollte der Euro im Trend zulegen, wird Herr Draghi kaum dem Wegbrechen von Exportpotenzialen zuschauen können.

Immerhin hat der Euro seit Juli 2012 gegenüber den wichtigsten Handelswährungen um 7,6 Prozent zugelegt. Tribut fordert diese Aufwertung bereits beim euroländischen Exportwachstum, das sich seit Sommer 2012 von 10,3 Prozent zum Vorjahr auf zuletzt minus 3,1 Prozent abgeschwächt hat.

 

Alle wollen exportieren

Offensichtlich macht sich die Exportkonkurrenz aus Japan und den USA seit Mitte 2012 die Schwächung der eigenen Währung zunutze und verschafft der eigenen Exportwirtschaft preisliche Wettbewerbsvorteile. So haben sich auf Basis realer effektiver Wechselkurse – ein Indikator der nationalen Wettbewerbsfähigkeit in punkto Preisen und Kosten – japanische und amerikanische Produkte auf dem Weltmarkt seit dem Sommer 2012 um 15 bzw. 3,5 Prozent verbilligt. Und längerfristig betrachtet – seit Ende des internationalen Währungssystems von festen Wechselkursen (Bretton Woods) – ist der Yen im Vergleich immer noch zu stark.

Schließlich ist zu befürchten, dass auch die asiatische Exportkonkurrenz Japans – wie z.B. Südkorea in den Bereichen Elektrotechnik und Maschinenbau – zum Schutz der eigenen Exporte mit der Schwächung der heimischen Währung beginnt. Das dürfte den Aufwertungsdruck des Euros noch weiter begünstigen und euroländische Produkte auf dem Weltmarkt weiter verteuern.

Vor diesem Hintergrund wird es die EZB im Extremfall nicht bei verbalen Abschwächungsbekundungen des Euros belassen können, sondern tatsächlich – auch mit Senkungen der Notenbankzinsen – gegensteuern müssen.

 

Das passiert in der 9. KalenderwocheKapitalmarkt Experte, Robert Halver, Baader Bank

Auf Unternehmensebene legen in Deutschland u.a. BASF, Fresenius und Fresenius Medical Care, Salzgitter, Bayer und Deutsche Telekom ihre Zahlen für das zurückliegende IV. Quartal 2012 vor. Von Bedeutung sind vor allem die Ausblicke, die insgesamt die wieder anziehende Weltkonjunktur widerspiegeln dürften.

Das Wahlergebnis in Italien stellt die euro-politische Harmonisierung auf die Probe. Zudem geht in den USA die Debatte über die Abwendung der zum 1. März drohenden, automatischen Ausgabenkürzungen in die kritische Phase. Von politischer Seite ist insofern jederzeit mit Turbulenzen an den Märkten zu rechnen. Die Volatilität sowohl auf dem US- als auch auf dem deutschen Aktienmarkt zeigt sich bereits auf erhöhtem Niveau.

Auf Makroebene dürfte der Einkaufsmanagerindex in China durch Sondereinflüsse wie das Neujahrsfest etwas nachgeben, aber noch immer über der Expansion anzeigenden Schwelle von 50 verharren.

In den USA verdeutlicht der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe, dass sich die Erholung in der US-Industrie fortsetzt, ohne jedoch jetzt schon Selbstläuferqualitäten zu entwickeln. Das Verbrauchervertrauen der Universität von Michigan weist unterdessen auf wieder etwas zuversichtlichere US-Konsumenten hin. Vor diesem Gesamtbild wird Fed-Präsident Bernanke in seinem halbjährlichen Ausblick vor dem Senat weiterhin die Wichtigkeit einer anhaltend expansiven Geldpolitik unterstreichen.

Das GfK Verbrauchervertrauen dürfte bestätigen, dass der Konsum in Deutschland ein wichtiges konjunkturelles Standbein bleibt.

 

Aus charttechnischer Sicht findet der DAX eine solide Unterstützung an der Marke bei 7600 Punkten. Sollte diese durchbrochen werden, liegt die nächste markante Haltezone zwischen 7450 und 7400 Punkten.

Sollte der DAX auf der Oberseite den Widerstandbereich zwischen 7750 und 7765 Punkten durchbrechen, liegt der nächste Widerstand am kurzfristigen Abwärtstrend bei 7800 Punkten. Wird auch dieser überwunden, ist Platz bis in den Bereich des bisherigen Jahreshochs bei 7872 Punkten. Darüber wartet die nächste Barriere an der psychologisch wichtigen Marke bei 8000 Punkten.

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Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

 

 

 

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