Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte den Leitzins auf 0,5 Prozent.

„Wir ertränken die Probleme der Welt in Liquidität“, das ist eine These vom Kapitalmarktexperten Robert Halver.

 

Vier Ziele hat die EZB

Auch die EZB setzt ihre geldpolitische Mobilmachung fort. Aufgrund von Konjunkturrisiken in der Eurozone und einer – zumindest offiziell – abnehmenden Inflation von aktuell 1,2 Prozent senkt sie den EZB-Leitzins auf das historische Tief von 0,5 Prozent und sichert die Vollzuteilung eines jeden Liquiditätswunsches der Banken bis mindestens Mitte 2014 zu. So etwas könnte man auch Blankoscheck-Politik nennen.

Dukatenesel Stadtsparkasse Solingen

Dukatenesel an der Stadtsparkasse Solingen

Angesichts der strukturellen Konjunkturschwäche dürfte sich zwar der direkte Konjunktureffekt der Leitzinssenkung in Grenzen halten. Die EZB verfolgt mit ihrer Zinssenkung jedoch eine vierfache Zielsetzung.

Erstens signalisiert sie mit diesem Schritt die uneingeschränkte Unterstützung der Euro-(Finanz-)Wirtschaft in schwieriger Zeit.

Zweitens macht sie Zinsanlagen in der Eurozone jetzt noch unattraktiver. Die Bürger sollen ihr Geld alternativ zur Konjunkturstützung ausgeben.

Drittens versucht sie den Euro im weltweiten Währungsabwertungswettlauf zur Exportstimulierung abzuschwächen, der jetzt an Zinsattraktivität gegenüber dem Nullzins-Niveau der japanischen und der US-Notenbank verloren hat. Vor diesem Hintergrund ist dieses Jahr sogar eine weitere Zinssenkung von 0,50 auf 0,25 Prozent zu erwarten.

Viertens sollen die Banken das günstige Zentralbankgeld – wenn es schon nicht befriedigend in Form von Krediten an Unternehmen und Privatpersonen ausgeliehen wird – in Staatsanleihen der prekären Euro-Länder anlegen, damit deren Finanzierung des verschuldungsgetriebenen Konjunkturwachstums gesichert ist. Denn da Konsum, Investitionen und auch der Export in diesen Ländern aktuell kaum zur Wirtschaftsstimulierung beitragen, ist der Staat der einzig valide wirtschaftliche Aktivposten.

Ein Stimulanzfaktor dürfte dabei sein, dass Banken bei diesen Staatsanleihen kein hohes Risiko eingehen, hat doch EZB-Chef Draghi ein klares Rettungsversprechen für die Anleihemärkte der angeschlagenen Euro-Staaten ausgesprochen. Ebenso von Bedeutung ist zudem, dass sich die EZB mittlerweile auch für unkonventionelle Maßnahmen wie die Senkung des Einlagezinssatzes auf negatives Niveau aufgeschlossen zeigt. Parken die Banken Geld bei der EZB, könnten sie mit einer Parkgebühr bestraft werden. Dann werden sie mindestens in Staatsanleihen investieren.

 

Deutscher Konsum als solides zweites Standbein

Lichtblick in der Eurozone bleibt Deutschland. Zwar treffen die Ausstrahleffekte der schwachen Euro-Konjunktur auch die deutsche Wirtschaft. Doch hat sich mittlerweile die Binnenkonjunktur zu einem bedeutenden Stabilisator für die deutsche Gesamtwirtschaft entwickelt. Die stabile Lage auf dem Arbeitsmarkt gepaart mit vergleichsweise positiven Tarifabschlüssen tragen laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zu robusten Einkommenserwartungen bei, die wiederum auf eine wieder anziehende Anschaffungsneigung hindeuten. Zudem schwindet mit Blick auf die niedrigen Anlagezinsen die Attraktivität von Zinsvermögen. Das Geld wird weniger gespart, es wird ausgegeben. So notiert der GfK Konsumklimaindex mit 6,2 auf dem höchsten Stand seit Oktober 2007, also vor der Immobilienkrise.

 

Schwellenländer als Anlagealternative

Die Emerging Markets bleiben konjunkturelle Sorgenpausen. In China zeigt der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe mit einem aktuellen Wert von 50,6 – und damit auf expansivem Niveau – die Zuversicht an, dass das soft landing der chinesischen Wirtschaft glückt. Grundsätzlich weisen die Schwellenländer im Vergleich zu entwickelten Industriestaaten wie den Euro-Ländern Italien oder Frankreich oder selbst den USA ein deutlich dynamischeres Konjunkturwachstum bei gleichzeitig wesentlich niedrigerem Schuldenstand auf.

Vor dem Hintergrund einer sinkenden Bonität der Staatsanleihen von Industriestaaten lohnt ein Blick auf die vergleichsweise stabilen Staatsanleihemärkte der Emerging Markets. Denn ihre Renditen liegen trotz der von Moody’s & Co. vergebenen guten Bonitätsnoten deutlich vor denen aus Ländern der westlichen Welt, z.B. der Eurozone. So befindet sich z.B. der Risikoaufschlag fünfjähriger brasilianischer zu deutschen Staatsanleihen bei fast neun Prozent und der von Südafrika bei gut fünf. Aufgrund der weiteren fundamentalen Argumente der Emerging Markets in Form wachsender Bevölkerungen und teilweise Rohstoffreichtum ist zudem mit langfristigen Währungsgewinnen dieser Länder zu rechnen. Diese Einschätzung wird auch vom anhaltenden Aufbau einer schlagkräftigen Binnenkonjunktur gestützt, die für eine wachsende Mittelschicht sorgt, die schon in Deutschland nach dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg für nachhaltiges Wirtschaftswachstum sorgte.

 

Berichtsaison zum I. Quartal 2013 kein Hemmschuh für Aktien

Rainer Sturm PixelioDie Deutschen Bank überrascht die Analysten mit einer Gewinnsteigerung um gut 20 Prozent zum Vorjahr und profitiert hierbei insbesondere von Kosteneinsparungen sowie dem Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren. Um künftiges Wachstum zu ermöglichen und die damit einhergehenden hohen Kapitalanforderungen zu erfüllen, kündigte die Bank auch gleich eine Kapitalerhöhung in Höhe von 2,8 Mrd. Euro an. Fresenius konnte trotz einer soliden Nachfrage nach Generika und einer steigenden Patientenzahl den Gewinneinbruch der Dialysetochter Fresenius Medical Care nicht ausgleichen und musste insgesamt einen Gewinnrückgang um gut vier Prozent hinnehmen. Der Ausblick für 2013 bleibt unverändert positiv. Infineon muss im Vorjahresvergleich zwar einen Nettogewinnrückgang um 73 Prozent hinnehmen, konnte das Ergebnis zum Vorquartal jedoch deutlich steigern. Der Ausblick für 2013 ist optimistischer, auch angesichts einer beginnenden Normalisierung auf dem Halbleitermarkt.

BMW hatte aufgrund der Flaute in Europa und dem verlangsamten Wachstum in China einen Gewinnrückgang um knapp 3 Prozent zum Vorjahr zu verzeichnen. Vor allem das Geschäft mit Leasing-Verträgen rettete dem Automobilhersteller aber die Bilanz, so dass sich BMW für 2013 weiterhin auf Kurs sieht. Beiersdorf kann dank zweistelliger Wachstumsraten in den Schwellenländern eine Gewinnsteigerung um 33 Prozent erzielen und bleibt auch im Ausblick zuversichtlich. Die Deutsche Lufthansa schreibt aufgrund des teuren Konzernumbaus sowie der Streiks weiterhin rote Zahlen. Im Ausblick geht man jedoch von zunehmend positiven Effekten des Sparprogramms aus. Siemens konnte vor allem aufgrund negativer Sondereffekte im Vorjahr eine Gewinnsteigerung um gut 12 Prozent erzielen. Das angespannte globale Konjunkturumfeld zwingt den Elektrokonzern jedoch dazu, die Jahresprognose zu kappen. Adidas erzielte eine Gewinnsteigerung um 6,5 Prozent zum Vorjahr, die vor allem auf einen verbesserten Preis- und Produktmix sowie einen größeren Einzelhandelsumsatz zurückzuführen ist. Den Ausblick bestätigte der Sportartikelhersteller.

 

Und was passiert in der 19. Kalenderwoche?

Auf Makro-Ebene steht in der nächsten Woche ein dünner Datenkalender bevor. So richtet sich der Fokus insbesondere auf die Konjunkturlage in Deutschland. Die Auftragseingänge in der Industrie dürften schwach ausfallen. Ein freundlicheres Bild zeichnen hingegen die Exporte.

Auf Unternehmensebene neigt sich die Berichtsaison für DAX-Unternehmen dem Ende zu.

Linde dürfte solide Quartalszahlen aufgrund einer robusten Gas-Nachfrage aus den Schwellenländern verzeichnen. Nachdem bereits eine Gewinnwarnung herausgegeben wurde, dürften sich die schwachen Zahlen der Commerzbank bestätigen. Im Gegensatz dazu dürfte die Münchner Rück ein solides Zahlenwerk präsentieren. Lanxess dürfte eine schwache Nachfrage vor allem aus dem Reifen-Geschäft zu spüren bekommen haben. Die Deutsche Telekom dürfte ihre Jahresprognose 2013 bestätigen. Henkel dürfte den Schwung aus dem Rekordjahr 2012 auch in das abgelaufene Quartal mitgenommen haben. Zudem werden Ergebnisse von HeidelbergCement und E.On erwartet. Der Versorger dürfte weiterhin die Auswirkungen der Energiewende zu spüren bekommen haben.

Aus charttechnischer Sicht erhält der DAX eine erste Unterstützung bei 7872 und darunter eine weitere, wenn auch schwache bei 7700 Punkten. Darunter gibt die Auffangzone zwischen 7600 und 7550 Punkten halt.

Auf dem Weg nach oben verläuft der erste Widerstand bei 7953 Punkten. Darüber tritt die psychologisch wichtige Marke bei 8000 Punkten in den Vordergrund. Weitere Widerstände warten am bisherigen Jahreshoch bei 8074 und am Allzeithoch bei 8151 Punkten.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de

(Fotos: Rainer Sturm/Karl-Heinz Peters / Pixelio.de)

 

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