Dank EZB. Der schwache Euro beflügelt die Exportperspektiven der deutschen Industrie deutlich. Eine weitere Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um 10 Prozent würde den DAX-Konzernen in diesem Jahr einen Gewinnanstieg von schätzungsweise 8 Prozent ermöglichen.
Nicht zuletzt profitiert Deutschland als Handelspartner von der schuldenfinanzierten Stabilisierung der Konjunktur der Euro-Partnerländer. Zudem wirft die anstehende Dividendensaison ihren positiven Schatten voraus. Angesichts weiter fallender Anleiherenditen werden alternative Dividendenrenditen immer wertvoller.
Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist unabhängig vom Ausgang der anstehenden Parlamentswahl nicht zu befürchten. Denn dieser bringt keinem Beteiligten einen Vorteil, schon gar nicht der Bundesregierung, die sich die Frage gefallen lassen müsste, warum man einen Grexit nicht bereits 2010 zu verkraftbaren Bedingungen durchgeführt hat. Wie bereits seit 2010 werden auch eine neue griechische Regierung unter Führung der Euro-kritischen Syriza-Partei in Verhandlungen mit der EU, der EZB und dem IWF „intelligente“ Lösungen – man könnte auch von faulen Kompromissen sprechen – in Form abgemilderter Spar- und Reformforderungen, verlängerten Schuldenlaufzeiten oder Zinsstundungen finden. Bedeutend ist, dass es sich bei den griechischen Kreditverbindlichkeiten schwerpunktmäßig um öffentliche Schuldner handelt, die naturgemäß geduldiger sind als private, wenn es um die Initiierung eines verdeckten Schuldenschnitts geht. Einen offenen Schuldenschnitt, der Deutschland für alle Wähler unmittelbar erkennbar Geld kostet wird man nicht beschließen.
Auf der EZB steht zwar noch Bundesbank drauf, es ist aber längst US-Notenbank drin
Ein wichtiges Argument für die tatsächlich beginnenden Staatsanleihekäufe ist die Bewahrung der Glaubwürdigkeit der EZB an den Finanzmärkten. Insofern ist Mario Draghi ein Gefangener seiner seit Mitte 2012 praktizierten Rettungsrhetorik.
Grundsätzlich hat die EZB mit dem Anleiheaufkauf den stabilitätspolitischen Rubikon überschritten. Ab sofort betreibt sie absichtlich verdeckte Staatsfinanzierung, in dem sie den Staaten der Eurozone Neuverschuldung zu den günstigsten Zinsen aller Zeiten ermöglicht. Staatliche Konjunkturpakete sollen Deflation und Rezession in den prekären Euro-Volkswirtschaften bekämpfen.
Die ordnungspolitische Schnappatmung bei einigen Politikern in Deutschland sollte allerdings nicht allzu ernst genommen werden. Sie wissen sehr wohl, dass das Aufkaufprogramm der EZB ansonsten unvermeidliche Euro-Bonds verhindert. Und Euro-Bonds werden in Deutschland von der Mehrheit der wählenden Bevölkerung abgelehnt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die EZB hat Berlin ein großes Problem abgenommen.
Über die künstliche Drückung der Refinanzierungskosten sorgt die EZB nicht zuletzt dafür, dass der Zinsdienst auf die Schulden begrenzt bleibt: Von 2002 bis 2016 wird sich die Staatsverschuldung in der Eurozone zwar knapp verdoppelt, jedoch der Anteil der Zinszahlungen an den Staatsausgaben bei erwarteter Beibehaltung des aktuell günstigen Zinsniveaus von 6 auf 0,5 Prozent verringert haben.
Dies wiederum begünstigt die Erfüllung des Maastricht-Stabilitätskriteriums, wonach die jährliche Neuverschuldung unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung bleiben soll. So werden Politiker zukünftig das Wort „Stabilitätsunion“ wieder gerne in den Mund nehmen.
Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de
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